Tag 3: Freitag — 5. August
Am Morgen (zumindest für Festivalverhältnisse, eigentlich ist es Mittag) machen wir uns auf den Weg zu den Merchständen. Ein paar hat die Sammelwut gepackt. Jedes Jahr ein neues Wackenshirt im Schrank ist da ein Muss. Auch ein Grund warum ich lediglich Eines mit dem Konterfei des Schädels und KEINER Jahreszahl darauf mein Eigen nenne, denn hat man erstmal eins, kommt man um die chronologische Aufstockung beinahe nicht herum — vorausgesetzt man krallt sich eines, sobald man erstmalig das Gelände betritt. Denn schon jetzt herrscht vor allem eins an den Merch-Schautafeln: Gähnende Leere. Nur noch wenige und weniger schöne Designs sind noch in Größen zu haben, die wahrscheinlich nur 2% der Besucher tatsächlich hat.
Nachdem ein Kompromiss in der T-Shirt-Frage gefunden ist, machen wir uns auf den Weg um das Wackinger Village zu erkunden, und anschließend ein paar Bekannte auf dem weitläufigem Campground zu besuchen.
Die Zelte und ihr Dekor, die versuchen einen einigermaßen mittelalterlichen oder wenigstens fantastischen Flair zu verströmen, sind seid ihrer Einführung im Jahr 2009 ein willkommener Treffpunkt für hungrige Mäuler, die sich mir dem 08/15 Fraß auf dem Hauptgelände nicht zufriedengeben und gerne mal mehr oder weniger „
exotisches” ausprobieren wollen. Leider hat man dieses Jahr an manchen Ständen den Eindruck, dass auch hier gespart, sprich, mehr verdient werden soll. Portionen werden kleiner oder teurere Zutaten weniger. Doch ist das glücklicherweise eher eine Ausnahme, zumindest kommen wir hier meist völlig auf unsere Kosten und der knurrende Magen wird gefüllt ohne den Gaumen zu vernachlässigen (Außerdem kommen wir so um das bereits angedrohte Grillen herum).
Auf den Weg zu Freunden, die auf einem weiter hinten gelegenen Platz campen, kommt man nie umhin, durch das cabinet macabre zu gehen, einem wahren Museum für Kuriositäten. Zwar versinkt ein Großteil der Camps im Müll, doch lustige Ideen, wie man diesen in etwas Brauchbares oder einfach nur schön aussehendes verwandelt, findet man zu genüge. Uns beeindruckt vor allem ein kleiner Zoo, der lediglich aus leeren Bierdosen und jeder Menge Klebeband ins Leben gerufen wurde. Später soll sich herausstellen, dass dieses Kunstwerk eine gute Bekannte mit Freunden zu verantworten hat. Ja, die Welt ist klein — vor allem an ersten Augustwochenenden in Wacken.

Während wir uns gemeinsam an einem der letzten freien Tische im Biergarten breit machen (man kann von purem Glück sprechen, wenn man auch nur mit einer halben Arschbacke einen Platz auf einer Bank ergattert), wird neben uns der Versuch gestartet, so viele Bierbecher wie nur möglich aufeinander zu stapeln. Ein „
leicht” wackliges Unterfangen, das den Umliegenden im glücklichen Fall nur ein paar letzte Tropfen Gerstensaft beschert, im schlimmsten Fall einen nicht sehr sanften Becherregen. Da alle ringsum tatkräftig Baumaterial spenden und die Spaßtruppe ordentlich anfeuern, entwickelt sich nach und nach ein Gestell, dass sich bald vielleicht sogar zu einem geschlossenen Kreis auswachsen könnte. Leider kommen ein paar um die Sicherheit der Leute besorgte Securitys dazwischen, weswegen das mögliche Resultat wahrscheinlich ein ewiges Geheimnis der Physik bleiben wird...
Mit TRIVIUM hatte ich zuletzt zur Zeit des 05'er Albums „
Ascendancy” zu tun, und live ist mir der US-Vierer durchaus gut in Erinnerung geblieben. Es ist höchste Zeit das Wissen um die Band wieder auf den neusten Stand zu bringen, weswegen wir um kurz nach 6 vor der True Stage stehen. Obwohl die Musik von TRIVIUM auch von einigen Metalcore-Elementen lebt (und ich normalerweise mit allen Musikrichtungen die ein „
core” im Namen tragen nichts anfangen kann), komme ich nicht herum mindestens einen Körperteil zu den mächtigen, mitreißenden Beats mitzuschwingen. Die hymnenartigen Cleangesang-Passagen, für die die Band bekannt ist und welche Sänger Matt durchweg gekonnt neben seinen Shouts vorträgt, bilden eine einnehmende Atmosphäre. Seine Ankündigung von weiteren fünf Konzerten die sie in Deutschland gemeinsam mit In Flames gespielt werden, dürften bei den meisten auf offene Ohren gestoßen sein. Ein perfekter Einstieg in den Konzerttag.
Trivium
Während sich die eine Hälfte kurz vor 19:30 Uhr Richtung HEAVEN SHALL BURN auf macht, wenden wir uns zur Party Stage, auf der zur selben Zeit die relativ frisch wiedervereinten MORGOTH aufspielen sollen. Das will ich auf keinen Fall verpassen. Schon auf dem Death Feast Open Air sollen die — mit ihrem ersten Album „
Cursed” ('91) im Jahr 2011 jubilierenden — Death Metal'er eine geniale Show abgeliefert haben.
In der immer noch strahlenden Abendsonne treten schließlich Marc Grewe und die Instrumental-Kompanie auf die Bretter um einer saubere, souveräne Show abzuliefern. Die Setlist stützt sich natürlich in erster Linie auf das geniale Albumdebüt „
Cursed”, aber auch „
Odium” und den EP's „
The Eternal Fall” sowie „
Resurrection Absurd” wir kurzzeitig „
gedacht”. (Da wir kein BILD-Niveau hier haben, lasse ich unerwähnt, dass der Sänger sich kurzzeitig bei einem flotten Bühnenaktion auf den Allerwertesten manövriert, die Chose aber mit lässigem Humor nimmt...)
Ein Großteil der Mitzuschauer pilgert anschließend zur nebenstehenden True Metal Stage, auf der kurze Zeit später JUDAS PRIEST als ganz dicker Fisch des Abends die Gitarren heulen lassen sollen. Ich bin soweit „
untrue” es mir zu erlauben mir die Briten nicht anzusehen. Der Abend schreit geradezu danach, sich in großer Formation im Biergarten zu treffen, und entspannt bis nach Mitternacht „durchgezecht” zu werden. Schließlich will nicht nur ich bis 2 Uhr wach bleiben, um mir eine gediegene Dosis Cello-Metal bzw. APOCALYPTICA zu geben.
Den regnerischen Abend durchstehen wir eingepackt in Regenjacken und Capes, wie auch die Kamera unseres fleißigen Fotografen, die aktuell nur noch aussieht, wie eine zusammengeknüllte Mülltüte — naja, irgendwie sehen wir alle so aus.
Das Wetter ist der Ausnahme-Band hold. Die Temperaturen sind zwar im Keller, aber der recht feuchte Tag beschert in den späten bzw. sehr frühen Stunden einen leichten Nebel, der den blauen Scheinwerfern und Flutlichtern die besten Voraussetzungen für eine perfekte Atmosphäre liefert. Die rücklings angestrahlten Musiker heben sich teilweise nur noch als Silhouetten ab und schaffen es wie immer souverän, nicht nur eine melancholische Stimmung zu verbreiten, sondern auch die Feierlaune der Zuschauer anzufachen, indem sie trotz der wuchtigen Viersaiter im Gepäck über die Bühne jagen. Mit dem Gig liefern die Finnen einen breiten Überblick über ihre gesamte Schaffensphase ab, so kann man von Cover-Songs über eigene Kompositionen, mit und ohne Schlagzeugunterstützung und auch mal mit Sänger dem APOCALYPTICA-Repertoir lauschen.
Apocalyptica
(Autor(en): Saskia Z.)
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